Rezension Jonas Eika – Nach der Sonne

Rezension Jonas Eika – Nach der Sonne

Autor: Jonas Eika
Titel: Nach der Sonne
Herausgeber: Hanser Literaturverlag
Datum der Erstveröffentlichung: 17. August 2020
Buchlänge: 160 Seiten
Titel der Originalausgabe: Efter Solen
ISBN: 978-3-446-26782-4
Preis: HC 20,00€ / eBook 15,99€
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♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Ein IT-Berater stellt fest, dass die Bank, für die er arbeitet, mitten in Kopenhagen in einem Krater versunken ist. Ein Ehepaar lässt sich in der Wüste Nevadas nieder, wo die Menschen auf das Erscheinen von Außerirdischen warten. Eine Obdachlose findet in den grauen Trümmern Londons ein Zuhause und verliert es wieder. Und unter dem knallblauen Himmel Cancuns tragen scheinbar gefügige Beach Boys den reichen Urlaubern die Sonnenschirme hinterher. Fünf sinnliche, geheimnisvolle Erzählungen über dunkles Begehren und kapitalistische Ausbeutung, über Liebe, Hoffnung und Solidarität in einer unsicheren, technologisch flirrenden Welt, in der Körper, Himmel und Licht die einzigen Konstanten sind. Jonas Eika hat eines jener Bücher geschrieben, die die Literatur an einen neuen Ort führen.

Quelle: Hanser Literaturverlag 

 

 

 

Der Däne Jonas Eika ist mir zwar erst seit kurzer Zeit ein Begriff, aber seit er für seinen Novellenband Nach der Sonne 2019 vom Nordischen Rat mit dem renommierten Literaturpreis ausgezeichnet wurde, war mein Interesse an der deutschen Übersetzung durchaus mehr als geweckt. Nicht nur, dass er bei dieser Verleihung seine Rede dazu nutzte, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und deren sozialdemokratischer Partei staatlichen Rassismus vorzuwerfen, ist auch sein sonstiges Auftreten durchaus spannend.

Die Sprache seiner Erzählungen ist dringlich, zerbrechlich und schön zugleich und damit erschafft Jonas Eika für mich schon fast eine neue Form. Dystopie und Utopie verschmelzen, die Sehnsucht der Menschen ist hörbar und selbst vor Verletzungen des eigenen Körpers schrecken seine Protagonisten dabei nicht zurück.
Die Geschichten spielen an jeweils unterschiedlichen Orten wie dem Stadtzentrum von Kopenhagen, in Bukarest, der Wüste von Nevada oder den Stränden von Cancún und immer geht es um einsame, in unserer Welt verlorene Menschen, die mit einem Bein in der Wirklichkeit, mit dem anderen aber in einer Fantasiewelt stehen, die sowohl Wunsch- als auch Albtraum darstellen können.

Da haben wir beispielsweise einen IT-Berater, der beruflich nach Kopenhagen in eine Bank bestellt wird, nur dass diese in einem Krater verschwunden ist. Als er daraufhin auf den Investment-Banker Alvin trifft, ziehen sich beide magisch an. Der Erzähler lässt ihn an seinen Derivat-Geschäften teilnehmen (Wetten auf eine fiktive Zukunft aller Produkte der Welt) und wie das so ist, gewinnt und verliert man dabei – das Yin und Yang des Kapitalismus. Der Boden schwankt während des Lesens: Mal ist alles komplett gegenwärtig und plötzlich befindet man sich in einer Zeitreise, der den Erzähler binnen 10 Sekunden ganz woanders herauswirft, nur die zerstörte Welt lebt weiter.

Später sind wir dann mit blutjungen Beachboys an den Stränden Mexikos, die reiche Gäste eincremen und ihnen Wasser bringen müssen – ein Sklavenjob des globalen Tourismus – oder mit einem älteren Ehepaar in der Wüste, die Kontakt zu Außerirdischen suchen.
Über die Boys heißt es, sie haben ein Loch in ihrem Inneren und das gilt irgendwie für alle Menschen, die Jonas Eika beschreibt.

 

Und es ist, als würde die Schönheit aller Dinge in meinen Körper übergehen und zu einem Schmerz werden, der das Loch offen hält. Ich denke: Das Meer ist schön ohne die Gabe, die ganze Zeit türkis und postkartenhaft zu bleiben. Schön, ohne den Willen, die Schiffe zu schonen, die nachts auf ihm fahren. Ein unendlicher, flüssiger Stoff aus völliger Gleichgültigkeit.

 

Stetig übt der Autor eine gewisse Kritik an den herrschenden Verhältnissen aus, wobei seine Sprache sehr berührt. Er schreibt selbstgewusst, ohne sentimental oder belehrend zu werden und zeigt, dass Nähe da entsteht, wo Grenzen überschritten werden. Dinge und Worte hängen hier fest zusammen und auch wenn manche der Geschichten schlauchen, habe ich mich immer wohl gefühlt zwischen den Sätzen.

 

 

 

Die Novellensammlung von Jonas Eika zu lesen war wie ein Traum: Mal ein lustiger, mal en erschreckender. Mal erotisch angehaucht, mal traurig, aber immer surreal.
Und wenn man schließlich daraus aufwacht, ist man froh, dass alles noch so ist wie gewohnt.
Ich habe es genossen, da Nach der Sonne sehr viel Raum für eigenen Interpretationen lässt und darum gibt es von mir auch eine klare Leseempfehlung – auch wenn ich denke, dass es nicht für jedermann geschrieben wurde.

 

 

♥ Vielen Dank an den Hanser Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über den Autor
Jonas Eika, geboren 1991, ist ein dänischer Autor. 2015 machte er seinen Abschluss an der Dänischen Akademie für Kreatives Schreiben (Forfatterskolen). Im Oktober 2019 erhielt er für seinen Erzählungsband Nach der Sonne den renommierten Literaturpreis des Nordischen Rates.

Quelle: Hanser Literaturverlag  

 

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