Rezension Andreas Schäfer – Das Gartenzimmer

Rezension Andreas Schäfer – Das Gartenzimmer

Autor: Andreas Schäfer
Titel: Das Gartenzimmer
Herausgeber: Dumont Verlag
Datum der Erstveröffentlichung: 21. Juli 2020
Buchlänge: 352 Seiten
ISBN: 978-3-8321-8390-5
Preis: HC 22,00€ / eBook 16,99€
Erwerben

 

♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Die Villa Rosen, ein neoklassizistisches Landhaus, wird 1909 von dem später zu Weltruhm gelangenden Architekten Max Taubert für einen Professor Adam Rosen und seine Frau Elsa entworfen. Als Frieder und Hannah Lekebusch Mitte der Neunzigerjahre das leer stehende Haus am Rande des Berliner Grunewalds entdecken, erliegen sie seinem verwunschenen Charme. In einer aufwendigen Restaurierung stellen die Lekebuschs den Originalzustand des Hauses wieder her, und schnell wird die neu erstrahlende Dahlemer Villa als »Kleinod der Vormoderne« zum Pilgerort für Taubert-Fans, Künstler und einflussreiche Journalisten. Und – wie schon in der Weimarer Republik und zur NS-Zeit – zum Spielball der Interessen. Sie wollten den alten Geist des Hauses wiedererwecken, doch mit den Auswirkungen des Ruhms und dem langen Schatten der Vergangenheit haben die Lekebuschs nicht gerechnet.
Kunst, Moral, privates Glück und Politik: ›Das Gartenzimmer‹ spannt einen Bogen von der Aufbruchsstimmung zu Beginn des 20. Jahrhunderts über die Weimarer Republik und die Herrschaft der Nationalsozialisten bis in die Gegenwart. Andreas Schäfer erzählt klug, feinfühlig und fesselnd vom Schicksal eines Hauses in Berlin-Dahlem und dem Leben derer, die sich seiner sirenenhaften Wirkung nicht entziehen können.

Quelle: Dumont Verlag

 

 

 

Kennt ihr auch ein Haus, sei es aus eurem jetzigen Wohnort oder euer Vergangenheit, dass euch schon immer fasziniert hat?
Meines steht unweit vom Heimatdorf meiner Kindheit an einem Fluss gelegen und ist schon seit Jahren verlassen. Früher habe ich dort jedes Mal beim Spazieren gehen neugierig in die Fenster gestarrt, weil der Küchentisch noch voller Flaschen stand und ich mir nicht erklären konnte, warum das so war. Räumt man sein Haus nicht aus, bevor man für immer weggeht, oder sind die Bewohner verstorben und hatten keine Erben, die das übernehmen wollten?
Wie dem auch sei, viele Häuser haben oft ihre ganz eigenen Geschichten und eine davon erzählt uns Andreas Schäfer in seinem Buch Das Gartenzimmer.

Max Taubert ist ein junger und noch unbekannter Architekt, als er 1908 von Professor Adam Rosen mit dem Bau eines Landhauses für sich und seine Frau am Rande des Grunewalds beauftragt wird. Der Bauherr wünscht schnörkellose und klare Formen, keinesfalls Türmchen oder verspielte Details wie die umliegenden Villen. Schon beim ersten Besuch des Grundstückes sieht Taubert das fertige Haus vor sich, dass Jahre später Kriege überdauert und dann leerstehend und unter Denkmalschutz gestellt, langsam zerfällt. Bis 1995 Frieder Lekebusch und seine Frau Hannah die Villa Rosen erwerben und restaurieren. Doch es ist ein besonderes Haus, das einerseits zwar begeistert, aber auch fordernd und beklemmend ist und in seinen Räumen die Spuren der Vergangenheit zu bewahren scheint.

 

„Sie lieben das Haus“ Auch er war verwundert: das Wort „Liebe“ in Verbindung mit seinen Empfindungen – er fühlte sich peinlich berührt, als hätte sie ihm unerwartet ein viel zu wertvolles Geschenk gemacht. „Dann hätten Sie das Haus sicher gerne für sich?“, fügte sie hinzu.
„Ach was! Solche Häuser sind ein Fluch. Man wird ihnen nie gerecht. Sie sind immer stärker als ihre Bewohner“

(Seite 249)

 

In der Literatur ist ein Haus oft nur ein beliebiger Schauplatz, in Das Gartenzimmer ist es aber auch ein Ort der Erwartung und Erinnerung: Ein Denkmalgeschütztes Kleinod der Vormoderne. 280 Quadratmeter, 8 Zimmer. Baujahr 1909.
Es ist ein verfallenes Schmuckstück, dass der Unternehmer Frieder und seine Frau Hannah da am Grunewald entdecken und doch ist es eine Villa mit Geschichte.
Einst vom weltberühmten Architekten Max Taubert erbaut, später dem Verfall preisgegeben, soll es nun wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden und neue Gäste anlocken – doch jedes sonnendurchflutete Heim hat auch seine dunklen Ecken.

Andreas Schäfer ist ein souveräner Erzähler, der seinen Roman in verschiedene Episoden und Ereignissen gliedert, die wiederrum dann abwechselnd in zwei Handlungssträngen unterteilt sind. Im Mittelpunkt steht jeweils eine der Personen der jeweiligen Besitzerfamilie und immer spielt die Villa Rosen dabei eine wichtige Rolle. Es ist eine mehr als einhundert Jahre alte Geschichte, die seither das Leben der Bewohner bestimmt und geprägt hat und jede Familie teilt sowohl ihre glücklichen als auch ihre dramatischen Abschnitte mit dem Leser.
Ihm gelingt der Spagat zwischen Architektur und Literatur wirklich so gut, dass mühelos die Villa Rosen vor dem inneren Auge entsteht. Durch seine Beschreibungen sieht man jeden einzelnen Raum aufleuchten, bis man am Ende dann schließlich ein ziemlich präzises Bild vom großen Ganzen hat – plastische Erzählkunst at it`s best.
Dabei ist die Sprache leise und eindringlich. Andreas Schäfer beleuchtet manche Szenen aus unterschiedlichen Sichtweisen, indem er sie zu einem späteren Zeitpunkt nochmals aufgreift und so die Zusammenhänge klar erkennen lässt. Alle Figuren haben sowohl ihre guten als auch ihre schlechten Eigenschaften, die aus einem anderen Blickwinkel betrachtet plötzlich aber Sinn ergeben und das fand ich besonders faszinierend.
Für mich ein Buch, das in der Gegenwartsliteratur ganz besonders heraussticht, auch wenn mir an manchen Stellen ein wenig Gefühl gefehlt hat.

 

 

 

Das Gartenhaus ist ein interessanter und beeindruckender Streifzug durch lichtdurchflutete Zimmer, mit Einblicken in einzelne Schicksale und in wichtige Kapitel deutscher Zeitgeschichte.
Ganz klare Leseempfehlung von mir!

 

♥ Vielen Dank an den Dumont Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über den Autor
Andreas Schäfer, 1969 in Hamburg geboren, wuchs in Frankfurt/Main auf und lebt heute als Schriftsteller und Journalist mit seiner Familie in Berlin. Bisher veröffentlichte er die Romane ›Auf dem Weg nach Messara‹, wofür er u. a. den Bremer Literaturförderpreis erhielt, ›Wir vier‹ (DuMont 2010), der für den Deutschen Buchpreis nominiert war und mit dem Anna-Seghers-Preis ausgezeichnet wurde, und zuletzt ›Gesichter‹ (DuMont 2013).

Quelle: Dumont Verlag

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert