Rezension Delia Owens – Der Gesang der Flusskrebse

Rezension Delia Owens – Der Gesang der Flusskrebse

Autor: Delia Owens
Titel: Der Gesang der Flusskrebse
Herausgeber: Hanser Literaturverlage
Datum der Erstveröffentlichung: 22. Juli 2019
Buchlänge: 464 Seiten
Titel der Originalausgabe: Where the Crawdads Sing
ISBN: 978-3-446-26419-9
Preis: HC 22,00€ / eBook 8,99€
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♥ Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Chase Andrews stirbt, und die Bewohner der ruhigen Küstenstadt Barkley Cove sind sich einig: Schuld ist das Marschmädchen. Kya Clark lebt isoliert im Marschland mit seinen Salzwiesen und Sandbänken. Sie kennt jeden Stein und Seevogel, jede Muschel und Pflanze. Als zwei junge Männer auf die wilde Schöne aufmerksam werden, öffnet Kya sich einem neuen Leben – mit dramatischen Folgen. Delia Owens erzählt intensiv und atmosphärisch davon, dass wir für immer die Kinder bleiben, die wir einmal waren. Und den Geheimnissen und der Gewalt der Natur nichts entgegensetzen können.

Quelle: Hanser Literaturverlage

 

 

 

Ich glaube es gab in den letzten Wochen kein Buch, das ich dringender lesen wollte wie Der Gesang der Flusskrebse. Nicht weil es ziemlich häufig auf Instagram zu sehen war und auch nicht, weil es mir von Bekannten relativ häufig empfohlen wurde, sondern aus einem ganz besonderen Gefühl heraus, das sich bei mir eingestellt hat, als ich das Cover zum ersten Mal gesehen und den Klappentext zum erstem Mal gelesen hatte.
Es gab vor einiger Zeit ein ähnliches Buch, was mich gleichermaßen sofort in seinen Bann gezogen hat und zwar Alligatoren von Deb Spera (meine Rezension dazu findet ihr hier) und da es bis heute zu meinen absoluten Favoriten zählt, wollte ich mir dieses hier ganz sicher nicht entgehen lassen.

Kya Clark ist sechs Jahre alt, als sie mitansehen muss, wie ihre Mutter einen Koffer packt, dabei ihre besten Schuhe anzieht und geht. Ohne ein Wort oder eine letzte Geste verlässt sie die Familie, so auch ihre Geschwister, die es ihr kurz danach gleich tun. Von da an lebt Kya allein mit ihrem gewalttätigen Vater mitten im Marschland von North Carolina. Um sie herum ist nur Natur – Salzwiesen und Sümpfe, in Haus lebt sie unter ständiger Angst. Und irgendwann ist auch ihr Vater verschwunden und Kya auf sich allein gestellt.
Von den Dorfbewohnern aus der Umgebung wird sie gemieden und misstrauisch beäugt, schließlich ist sie das Marschmädchen, ein nichtsnutziges Gör, Sumpfgesindel – ein Ruf, den sie behält, auch als sie längst eine junge Frau geworden ist. Einzig Tate, ein damaliger Freund ihres Bruders und Jumpin, der ebenfalls gemiedene Besitzer eines kleinen Ladens, halten zu ihr und versorgen sie mit dem nötigsten: Kleidung, Lebensmittel und Liebe.
Doch dann wird eine männliche Leiche gefunden und das Marschmädchen verdächtigt Schuld an seinem Tod zu sein.

 

Ich hab mich bemüht…
Ich habe alles gesagt, was ich dachte
In den sanftesten mir möglichen Worten. Und jetzt…
Ich muss gestehen, ich bin froh, dass es vorbei ist:
Gegen Ende empfand ich nur noch Mitleid
Für diesen Drang nach noch mehr Leben.
(Seite 149)

 

Auch wenn es hier eine Leiche gibt und Ermittler aufgrund dessen ihre Arbeit aufnehmen, ist Der Gesang der Flusskrebse weder ein Krimi noch ein Thriller, sondern die beeindruckend geschriebene Geschichte eines Mädchens, das alleine erwachsen wird und dabei nur die Natur an ihrer Seite hat.
Kya kennt jeden Sumpf, jeden Vogel und jeden Flussarm, die sich durch die Marsch zieht, doch der Kontakt zu Menschen fällt ihr aufgrund ihrer Vergangenheit schwer.
Sie ist eine spannende und zugleich faszinierende Hauptfigur, die mir sehr leicht ans Herz gewachsen ist und mich auch jetzt noch beschäftigt, Wochen nachdem ich das Buch längst beendet habe.
Für mich steht Kya für alle Vertriebenen und Ausgestoßenen, deren Leben unter anderen Bedingungen womöglich eine ganz andere Richtung eingeschlagen hätte. Ihr ist aufgrund dieser Umstände natürlich auch gutes wiederfahren, aber wiegt das tatsächlich alles andere auf, das sich aufgrund ihrer Lebenssituation ergeben hat? War es wirklich das Ende, das sie am glücklichsten gemacht hat? Hätte sie dieses auch gewählt, wenn sie aus beide Richtungen hätte wählen können? War es schlicht und ergreifend einfach ihr Schicksal? Diese Fragen lassen mich seither nicht los. Diese Momentaufnahmen, die ihre Zukunft geprägt haben.

 

Genau wie sie fast alle Dinge gemeistert hatte, meisterte sie jetzt den Übergang vom Mädchen zur Frau – allein.
(Seite 153)

 

Und dann sind da noch die Schilderungen der Natur und ihrer Kraft, die mich einfach nur begeistern konnten, weil sie treffend und grandios in die Geschichte mit eingeflochten wurden. Delia Owens hat eine beeindruckende Gabe ihr reiches Wissen auszuschütten ohne den Leser damit zu langweilen – vielmehr hat sie in mir sogar den Wunsch geweckt, mehr über die Marschlandschaft wissen zu wollen (und vielleicht habe ich mir sogar eine passende Lektüre dazu bestellt) – und erzählt von der Einsamkeit und der betörenden Kraft der Natur, als wären diese beiden Dinge eins. Die eindringlichen, oft lyrischen Panoramen der Stille, die intensiven Momente, die ich mit der unvergesslichen Kya erleben durfte und das auf und ab meiner Gefühle, haben diesen Roman für mich zu einem intensiven Leseerlebnis werden lassen und am liebsten möchte ich jetzt sofort zum nächsten Roman der Autorin greifen. Nur leider werde ich hierauf wohl noch etwas warten müssen.

 

 

 

Der Gesang der Flusskrebse ist nicht einfach zu kategorisieren, denn es ist eine Mischung aus Entwicklungsroman, Liebesgeschichte, Natur Writing und einer kleinen Prise Krimi.
Ich persönlich betitele es daher als eine einzigartige Schöpfung und als ein Jahreshighlight. Man müsste sein Herz definitiv im Sumpf versenken, um dieser Geschichte zu widerstehen. Aber ganz ehrlich? Wer will das schon?

 

 

♥ Vielen Dank an den Hanser Literaturverlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über die Autorin
Delia Owens, geboren in Georgia, lebt auf einer Ranch in Idaho. Über zwanzig Jahre erforschte die Zoologin in verschiedenen afrikanischen Ländern Elefanten, Löwen und Hyänen. Als Kind verlebte Owens die Sommerurlaube mit ihren Eltern in North Carolina, wo auch ihr Romandebüt spielt.

Quelle: Hanser Literaturverlage 

 

 

 

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