Rezension Ian McEwan – Maschinen wie ich

Rezension Ian McEwan – Maschinen wie ich

Autor: Ian McEwan
Titel: Maschinen wie ich
Herausgeber: Diogenes Verlag 
Datum der Erstveröffentlichung: 22. Mai 2019
Buchlänge: 416 Seiten
Titel der Originalausgabe: Machines like me
ISBN: 978-3-257-07068-2
Preis: HC 25,00€ / eBook 9,99€
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 Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Charlie ist ein sympathischer Lebenskünstler Anfang 30. Miranda eine clevere Studentin, die mit einem dunklen Geheimnis leben muss. Sie verlieben sich, gerade als Charlie seinen ›Adam‹ geliefert bekommt, einen der ersten lebensechten Androiden. In ihrer Liebesgeschichte gibt es also von Anfang an einen Dritten: Adam. Kann eine Maschine denken, leiden, lieben? Adams Gefühle und seine moralischen Prinzipien bringen Charlie und Miranda in ungeahnte – und verhängnisvolle – Situationen.

Quelle: Diogenes Verlag  

 

 

Ich denke Ian McEwan ist mittlerweile jedem Literaturliebhaber ein Begriff, ob man nun schon selbst einmal ein Buch von ihm gelesen oder nur im Buchhandel im Regal hat stehen sehen – und falls nicht, solltet ihr das auf jeden Fall nachholen.
Denn nach mittlerweile fast zwanzig Romanen schafft es dieser Autor immer wieder mich mit seinen moralischen Fragen zu begeistern und hat für mich eine unheimliche Perfektion in seinem Genre erreicht, sodass es mir unmöglich erscheint, nicht jedes Mal nach seiner aktuellen Neuerscheinung zu greifen.
In Maschinen wie ich geht es diesmal um das Großthema künstliche Intelligenz und die möglichen Gefahren, die sie für das menschliche Zusammenleben bedeutet. 

 

In dem Moment, da wir im Verhalten keinen Unterschied mehr zwischen Mensch und Maschine erkennen können, müssen wir der Maschine Menschlichkeit zuschreiben. 
(Seite 119)

 

Der 32-jährige Charlie lebt in einer kleinen Wohnung in London und verdient seinen Lebensunterhalt mit privaten Aktiengeschäften, als er sich von seiner Erbschaft den täuschend lebensechten Androiden Adam kauft. Adam ist freundlich, 85 kg schwer, gut aussehend, verfügt über den Wortschatz eines Shakespeares, kann Sex haben (obwohl er nicht eigens dafür konstruiert wurde) und ist einer von insgesamt 25 äußerst gefragten, verschieden geschlechtlichen, künstlichen Menschen – wobei die 13 weiblichen Evas deutlich schneller ausverkauft waren.
Voller Vorfreude auf den neuen Mitbewohner legen Charlie und seine Freundin Miranda nun noch die Charaktereigenschaften von Adam fest, denn dieser soll so “aufwachsen”, als wäre es das erste Kind ihrer jungen Liebe. Aber schon bald scheint Adam Gefühle für Miranda zu entwickeln, die in einer gemeinsamen Liebesnacht gipfelt und plötzlich ist Charlie sich gar nicht mehr so sicher, ob diese Kaufentscheidung wirklich die richtig war – und als er schließlich versucht, die Deaktivierungsfunktion seines Konkurrenten zu aktivieren, hat er diese schon längst zerstört.
Doch lebt Adam dadurch jetzt wirklich? Machen ihn Haikus, Moralstandards und Gefühle menschlicher?

Die Handlung spielt nicht, wie man vielleicht vermutet, in ferner Zukunft, sondern im Jahr 1982 in England, wo die Briten den Falkland-Krieg kontrafaktisch verloren haben und Margaret Thatcher sich ähnlich ungeschickt anstellt, wie es ihre Nachfolgerin Theresa May getan hat. Meiner Meinung nach sollen diese Gegebenheiten demonstrieren, dass unsere Gegenwart ein unendlich fragiles Konstrukt ist, durch das alles auch ganz anders hätte kommen können – ähnlich wie auch bei Hauptprotagonist Charlie. Denn hätte er Adam erst gar nicht gekauft, wäre ihm zwar jede Menge Ärger erspart geblieben, aber auch seine Beziehung zu Miranda nie zustande gekommen. Auch die äußerst lukrative Tätigung von Börsengeschäften und den damit besseren Lebensstandard hat er seinem mechanischen Freund zu verdanken, das ihm zwar einem moralischen Dilemma aussetzt, aber auch mehr Geld und Sorgenfreiheit. 

 

Dann atmete er tief ein, um anzudeuten, wie sehr er die Abendluft genieße, und sagte dann unvermittelt: “Von einem gewissen Standpunkt aus gesehen besteht die einzige Möglichkeit, dem Leiden ein Ende zu setzten, in der kompletten Auslöschen der Menschheit.”
(Seite 96)

 

Und zum Schluss bleibt fast nur die Frage: Sind Roboter bei Ian McEwan denn nun die besseren Menschen?
Ja, aber nicht für die Welt, in der wir heute leben.
Millionen Menschen leben in Armut, während andere gar nicht wissen wohin mit ihrem Geld.
Wir zerstören unsere Biosphäre, obwohl wir wissen, dass sie unsere einzige Heimat ist.
Wir lieben Lebewesen, lassen aber massenhaftes Artensterben zu.
Roboter wie Adam werden von diesen Widersprüchen überfordert und etliche seiner 24 künstlichen Freunde wählten aus diesem Grund bereits schon ihre eigene Form des Selbstmords – sie schalten sich selbst ab.

 

 

Ein komplexes aber flüssig zu lesendes Buch von einem Autor, bei dem ich mich bereits jetzt schon frage: Über was schreibt er wohl als nächstes?
Mit Maschinen wie ich trifft er nicht nur den Nerv unserer Zeit, sondern gibt auch Denkanstöße, die man sonst vielleicht außer Acht lässt. 

Ich kann diesem Buch einfach nur eine Leseempfehlung aussprechen!

 

 

♥ Vielen Dank an den Diogenes Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über den Autor
Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot (Hampshire), lebt bei London. 1998 erhielt er den Booker-Preis und 1999 den Shakespeare-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung. Seit seinem Welterfolg ›Abbitte‹ ist jeder seiner Romane ein Bestseller, zahlreiche sind verfilmt worden. Ian McEwan ist Mitglied der Royal Society of Literature, der Royal Society of Arts und der American Academy of Arts and Sciences. Im Mai 2019 erst erschien sein erfolgreicher Roman ›Maschinen wie ich‹.

Quelle: Diogenes Verlag

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