Rezension Laura Kneidl – Someone New

Rezension Laura Kneidl – Someone New

Autor: Laura Kneidl
Titel: Someone New
Herausgeber: LYX Verlag  
Datum der Erstveröffentlichung: 28. Januar 2019
Buchlänge: 550 Seiten
ISBN: 3736308299
Preis: Broschiert 12,90€ / eBook 9,99€
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 Dieser Beitrag enthält Werbung, da es sich um ein Rezensionsexemplar handelt 

 

 

Ich mache mir ständig Gedanken darum, was andere Menschen von mir denken. Wen sie in mir sehen. Aber nicht bei dir. Bei dir kann ich ganz ich selbst sein.

Als Micah auf ihren neuen Nachbarn trifft, kann sie es nicht glauben: Es ist ausgerechnet Julian, der wenige Wochen zuvor ihretwegen seinen Job verloren hat. Micah fühlt sich schrecklich, vor allem, weil Julian kühl und abweisend zu ihr ist und ihr nicht mal die Gelegenheit gibt, sich zu entschuldigen. Doch gleichzeitig fasziniert Micah seine undurchdringliche Art, und sie will ihn unbedingt näher kennenlernen. Dabei findet sie heraus, dass Julian nicht nur sie, sondern alle Menschen auf Abstand hält. Denn er hat ein Geheimnis, das die Art, wie sie ihn sieht, für immer verändern könnte …

Quelle: LYX Verlag

 

 

 

Und manche Geheimnisse wachsen durch diese Angst, bis sie zu Monstern in unserem Schrank werden. Bis wir uns irgendwann nicht mehr trauen, ihn zu öffnen.
Nicht einmal in Anwesenheit einer Person, der wir unser Leben anvertrauen würden. Manchmal auch, um sie zu beschützen.

 

Someone New von Laura Kneidl ist ein wichtiges Buch, das sich mit einem Thema befasst, welches in jedem Genre definitiv mehr Aufmerksamkeit und Toleranz verdient.
Wohl gemerkt rede ich hier nur von der Thematik selbst, denn ohne jemanden auf die Füße treten zu wollen, hat mich der Rest leider nicht wirklich überzeugen können.
Mir ist durchaus bewusst, dass ich mit meiner Meinung wohl ehr zu einer Minderheit gehöre, aber trotzdem hoffe ich natürlich, dass ihr diese Rezension bis zu Schluss lest, um meine Kritikpunkte nachvollziehen zu können und vor allem auch respektiert. 

Um das Buch ist schon weit vor Veröffentlichung ein riesengroßer Hype entstanden und wurde kurz nach Erscheinen auf etlichen Social Media Plattformen als das wichtigste Buch des Jahres gefeiert. Selbst einige Instagrammer, auf deren Rezensionen ich mich bisher immer verlassen konnte waren hin und weg.
Ok, dachte ich mir, wenn ein Buch so viel Lob verdient, kann selbst ich nicht länger widerstehen, obwohl ich mich sonst von Begeisterungsstürmen ehr weniger mitreißen lasse.
Ich bin ahnungslos, aber mit hohen Erwartungen eingestiegen und war vor allem sehr neugierig darauf, was Laura Kneidl da geschaffen hat.
Und dann ist es passiert – ich habe das Buch nicht gemocht. Aber auch hier muss ich wieder darauf hinweisen, dass es rein gar nichts mit dem Thema zu tun hatte. Denn wäre das nicht so bedeutend gewesen, hätte Someone New sogar noch weniger “Sterne“ von mir bekommen. 

Aber der Reihe nach. Da ich meine Rezension aus gegebenen Anlass etwas ausführlicher gestalten möchte, um die Dinge genauer zu benennen, die zu dieser Bewertung geführt haben, musste ich auf einiges etwas detaillierter eingehen. Das war mir leider ohne Spoiler nicht möglich, also bekommt ihr ab hier auch eine  SPOILERWARNUNG!

 

“Ich weiß nicht, ob ich dich bemitleiden oder bewundern soll”, sagte ich ehrlich. 
Julian lächelte schwach. “Nichts von beidem. Akzeptier mich einfach.”

 

Laura Kneidl schreibt flüssig und leicht, was es mir nicht sonderlich schwer gemacht hat durch die ersten paar Seiten zu fliegen.
Das Buch startet langsam und leise, da gerade im ersten Drittel alle wichtigen Personen in die Geschichte eingeführt und familiäre Verhältnisse und Hintergründe beleuchtet werden. Hilfreiche Informationen wechselten sich jedoch schon hier mit nervigen Wiederholungen ab und spätestens ab Seite 70 sollte selbst dem unaufmerksamsten Leser klar geworden sein, dass Protagonisten Micah auf Comics, sorry, natürlich meinte ich auf Graphic Novels steht.
Auch sonst haben sie und ihre Freunde nerdtechnisch einiges auf dem Kasten und lassen keine Gelegenheit aus, das in jeder Form zum Ausdruck zu bringen. Solche Anspielungen habe ich eigentlich ganz gerne, aber wenn wieder und wieder darauf herumgeritten wird, entlocken mir selbst Game of Thrones Quotes nur noch ein müdes Augenrollen – und das soll schon was heißen.

Auch die gezwungen wirkende Diversität hat sich wie ein roter Faden durch das Buch gezogen. Normalerweise mag ich es bunt, anders und vielfältig, aber wenn einfach jeder Charakter einem leider noch immer existierenden Schubladendenken oder einer Minderheit zugeordnet werden kann, fühlt sich das ehr überladen und unglaubwürdig als liebenswert und einzigartig an.
Der schwule Bruder, die Vegetarierin, der diskriminierte dunkelhäutige Freund, die Teenie-Mutter, die unzufrieden mit ihren Babypfunden ist, eine Food-Bloggerin und Julian, der perfekte Boyfriend (und mein Lichtblick) mit seinem großen Geheimnis.
Es war mir einfach alles zu viel und hat dazu geführt, dass vor allem Micahs Freunde selbst über die 550 Seiten relativ blass blieben.

Mein größtes Problem hatte ich allerdings mit Hauptprotagonistin Micah selbst, zu der ich leider so gar keine Beziehung aufbauen konnte.
Ich muss mit fiktiven Personen nicht immer einer Meinung sein, aber ein Stück weit Sympathie sollte ich für mein Gegenüber schon empfinden.
Dennoch bin ich auch jemand, der versucht den Leuten bis zum Schluss eine Chance zu geben, denn Entwicklung und Verständnis sind mir ebenso wichtig, wie vorurteilsfrei auf Menschen zuzugehen. Aber der erste Eindruck verschwand leider nicht, sondern löste mit fortschreitender Seitenzahl ein Kopfschütteln nach dem anderen aus.
Sicherlich ist Micah eine Person, die selbstbewusst, humorvoll und absolut verständnisvoll mit neuen Gegebenheiten umgeht, aber oft waren es auch diese Eigenschaften, die sie unglaubwürdig, naiv, aufdringlich und penetrant wirken ließen. 

Beispiel? Klar, sogar mehrere!
Wenn meine Eltern meinen Bruder wegen seiner Homosexualität rauswerfen würden und ihn aufgrund dessen dann auch noch als krank und nicht normal bezeichnen würden, wäre spätestens ab hier der Ofen aus. Keinen Satz würde ich noch mit ihnen wechseln und stattdessen meine Sachen packen und verschwinden. Aber was macht Micah? Sie stellt sich als Märtyrerin hin, nimmt weiterhin ihr Geld und widmet sich dem elterlich auferlegten Jurastudium, damit ihr Bruder eine Bürde weniger zu tragen hat. Die ganze Zeit über will sie zwar aus ihrem goldenen Käfig ausbrechen, und sieht sich dabei selbst als Rebellin, bekommt aber doch nichts allein ohne die Kreditkarten ihrer Eltern hin.
Das mag jetzt ein krasser Vergleich sein, aber ich nehme doch auch kein Geld von der AfD oder Hans-Jürgen Irmer an (Zitat: “Homosexualität ist nicht normal. Wäre sie es, hätte der Herrgott das mit der Fortpflanzung anders geregelt.“) nur um als Student ohne Arbeit ein Dach über dem Kopf zu haben. 

Ein weiterer Aufreger war die gedankliche Reaktion von Micah, als Julian ihr endlich – gefühlt vier Seiten vor Schluß – gestand trans zu sein. Ich kann noch so tolerant und aufgeschlossen sein, aber nach solch eine Nachricht hätte ich erstmal 1000 Fragen und doch die ein oder andere Minute gebraucht, um das gehörte zu begreifen.
Nicht Micah. Sie überlegt sich bereits nach drei Sekunden schon mal, ob sie einen Umschnalldildo besorgen muss, falls er keinen Penis hat…
Ich bin alles andere als prüde, aber in dem Moment wäre ein nicht vorhandener Penis das letzte, was mir durch den Kopf gehen würde (ok abgesehen vielleicht vom umgefallenen Sack Reis in China).

Auch dass die „Auflösung“ erst ganz weit hinten im Buch, nach fast 90%, erfolgt, fand ich sehr sehr schade. Es wird so viel auf Nebensächlichkeiten herumgeritten, dass das eigentliche Schicksal von Julian viel zu kurz kommt.
Ich verstehe die Absicht der Autorin und ich bewundere sie, so ein bedeutungsvolles Thema niederzuschreiben, aber die Gewichtung stimmt leider überhaupt nicht.
Wären da nicht die Quintessenz und das Nachwort, hätte das Buch leider noch schlechter bei mir Abgeschnitten. 

 

 

Leider ein Buch, das dem Hype meiner Meinung nach nicht gerecht wird.
Wie bereits mehrfach erwähnt (japp auch ich kann mich ausgezeichnet wiederholen) wird hier über Themen geschrieben, an die sich im New Adult Genre bisher relativ selten Autoren gewagt haben, aber für mich zählt letztendlich das große Ganze. War die Geschichte stimmig? Konnten mich die Charaktere überzeugen? Haben die Handlung und der Schreibstil mich angesprochen und überrascht?
Dreimal muss ich das schlussendlich verneinen und hab mir definitiv etwas anderes von Someone New erwartet.  

 

 

♥ Vielen Dank an den LYX Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars! ♥

 

 

Über die Autorin 

Laura Kneidl schreibt Romane über alltägliche Herausforderungen, phantastische Welten und die Liebe. Sie wurde 1990 in Erlangen geboren und studierte Bibliotheks- und Informationsmanagement in Stuttgart. Inspiriert von ihren Lieblingsbüchern begann sie 2009 an ihrem ersten eigenen Roman zu arbeiten. Nach einem längeren Aufenthalt in Schottland lebt die Autorin heute in Leipzig, wo ihre Wohnung einer Bibliothek ähnelt. Sie ist auf Instagram und Twitter (@laurakneidl) aktiv und tauscht sich dort gerne mit ihren Lesern aus. Weitere Informationen unter: www.laura-kneidl.de

Quelle: LYX Verlag

3 Kommentare

  1. 12. Februar 2019 / 17:30

    Hallo Nina,

    ich finde es schon witzig, wie krass die Meinungen zu “Someone New” auseinander gehen. Ich habe das Gefühl, es gibt hier nur Hui oder Pfui. Ich selbst gehöre in dem Fall übrigens zu den “Pfui” Bloggern und habe – genau wie du – auch nur 2,5 Punkte vergeben, was ich bis zum Schluss nicht gedacht hätte. Unterm Strich hat mich aber einfach zu viel gestört, um besser zu bewerten. Schade, denn die Idee und der Gedanke dahinter sind toll! Aber ich habe das Gefühl, dass momentan an vielen Ecken zu sehr versucht wird, alles perfekt zu machen und eine perfekte Welt zu schaffen. Mona Kasten hat in ihrer Save-Trilogie auch zu viel gewollt und eine viel zu runde Geschichte geschrieben und Laura Kneidl hat es ihr nun gleich getan.

    Wirst du die Geschichte von Cassie und Auri noch lesen?

    Ganz liebe Grüße,
    Maike

    • 13. Februar 2019 / 9:08

      Hallo Maike,
      ich sehe das wie du. Es ist ein Buch, an dem sich die Geister scheiden und deswegen rate ich auch jedem, dass er das Buch einfach selbst lesen sollte, um sich eine eigene Meinung zu bilden.
      Das zweite Buch werde ich höchstwahrscheinlich nicht lesen, denn leider sind mir auch diese beiden Charaktere, um die es hier geht, nicht sonderlich sympathisch. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich unbedingt wissen muss, wie es mit ihnen weitergehen wird.
      Wirst du es denn lesen?
      Viele liebe Grüße,
      Nina

      • 13. Februar 2019 / 13:25

        Nein, ich werde sie wohl eher nicht lesen. Nachdem mich “Someone New” so überhaupt nicht fesseln konnte, weil zig Themen angesprochen, aber jedes nur angekratzt wurde, kann ich mir nicht vorstellen, dass ich Lust habe, mich nochmal durch über 300 Seiten zu quälen. 🙁

        Liebe Grüße,
        Maike

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